von Sheldon „Feind der Reibung“ Brown
überarbeitet von John „Feind der Ermüdung“ Allen
Übersetzung von Arno Welzel, Original unter http://sheldonbrown.com/cables.html.
Gute Zuginstallation für zuverlässiges Bremsen und Schalten
Schalt- und Bremszüge zeigen oft den Unterschied zwischen einem hastig zusammengesetzten Fahrrad und einem, das von einem Mechaniker aufgebaut wurde oder von jemandem, der darauf geachtet hat, was er tut.
Besonders jetzt, wo neue Lenkerformen scheinbar jede Woche auf dem Markt erscheinen, muss ein guter Mechaniker die Theorie der Verlegung von Zügen verstehen. Man kann sich nicht länger auf „Daumenregeln“ für die richtige Zugführung verlassen.
Obwohl Leute viel auf die Art der Bremsen und Schaltwerke achten, die auf einem bestimmten Fahrrad montiert wurden, sind gute Praktiken für die Verlegung der Züge wichtiger, als die meisten Unterschiede zwischen verschiedenen Brems- und Schaltsystemen. Die teuersten Bremsen und Schaltwerke sind unzuverlässig, wenn in den Zügen zu viel Reibung oder zu viel Spiel herrscht, und selbst die billigsten Baugruppen können normalerweise zufriedenstellend arbeiten, wenn bei der Installation der Züge sorgfältig gearbeitet wurde.
Der überwiegende Teil an Problemen bei Bremsen und Schaltungen sind das Ergebnis hoher Reibung in den Zügen und keine Mängel an Hebeln, Bremsarmen oder Schaltwerken.
Arbeitsweise von Zügen
Die an einem Fahrrad verwendete Züge bestehen aus zwei Teilen. Das innere Kabel besteht aus ineinander verdrehten Stahldrähten. Die äussere Hülle besteht ebenfalls aus biegsamem Stahl, normalerweise spiralförmig gewunden. Das innere Kabel verläuft in der Aussenhülle. Beide Teile sind gleichermassen wichtig, keines kann ohne das andere funktionieren.
Isaac Newton sagte einmal „Für jede Aktion gibt es eine gleichartige und entgegengesetzte Reaktion“. Im Falle von Fahrradzügen bedeutet dies, man kann nicht an einem Innenkabel ziehen, ohne einen entsprechenden Gegendruck an der Aussenhülle.
Um Gewicht zu sparen, verwenden viele Fahrräder teilweise den Rahmen als Ersatz für die Aussenhülle. Dies wird durch Anbringen von Anschlägen am Rahmen oder der Gabel erreicht. Ein Anschlag ist ein Sockel für das Ende der Aussenhülle mit einem kleinen Loch oder Schlitz, durch welches das innere Kabel geführt werden kann, aber nicht die Aussenhülle. Der „Druck“ der Aussenhülle wird auf den Rahmen übertragen, so dass das innere Kabel bis zum nächsten Anschlag laufen kann, der den „Druck“ vom Rahmen zurück zum nächsten Stück der Aussenhülle überträgt.
Diese „blanke“ Kabelführung kann überall vorgenommen werden, wo das Kabel in einer geraden Linie verläuft und nicht gebogen werden muss. Aussenhüllen sind für die Verbindung zwischen Lenker und Rahmen erforderlich, um die Drehbewegungen des Lenkers auszugleichen, während das Fahrrad gesteuert wird. Aussenhüllen werden üblicherweise auch dort eingesetzt, wo die Zugrichtung des Kabels geändert werden muss.
Hüllenarten
Herkömmliche Spiralhüllen
Auf den ersten Blick nehmen viele Leute an, dass Zughüllen aus Kunststoff hergestellt werden. Tatsächlich ist es aber Stahl und der Kunststoff ist nur eine Hülle um diesen vor Korrision zu schützen und um Kratzer in der Lackierung des Rahmens zu vermeiden.
Herkömmliche Zughüllen bestehen aus einer eng gewundenen Spirale aus Stahldraht. Sie haben keine besondere Stärke gegenüber Zugkräften, aber sie können in der Länge nicht zusammengedrückt werden, da die Windungen des Stahldrahts eng aneinanderliegen.
Während der 1970er wurde das innere Kabel direkt durch die Stahlspirale geführt, normalerweise unter Verwendung von Fett zur Schmierung. Moderne Zughüllen verwenden dagegen für den Innenbereich eine Hülle aus Kunststoff, die das innere Kabel umschliesst. Dies verringert die Reibung erheblich. Einige „High-End“-Zugsysteme, wie Gore-Tex „Ride-On“, erweitern diese Führung selbst auf die Bereiche, wo das Kabel ohne Hülle verläuft. Diese Systeme verfügen auch über eine spezielle Beschichtung auf den Kabeln zur weiteren Verminderung der Reibung.
Kompressionslose „Index-kompatible“ Hüllen
Mit dem Erscheinen indexierter Schaltungen, kombiniert mit Schalthebeln, die am Lenker montiert wurden, zeigte sich, dass herkömmliche Zughüllen eine Quelle für ungenaues Schalten waren. Dies kommt daher, dass die effektive Länge der Hülle sich ändert, wenn sie gebogen wird. Bei Bremsen ist das kein Problem: Auch wenn man mitunter feststellt, dass die Hinterradbremse leicht angezogen wird, wenn man den Lenker vollständig zur Seite dreht, ist es nicht möglich, ihn während der Fahrt so weit zu bewegen.
Diese kleinen Veränderungen in der Länge der Zughülle waren aber zu viel für eine zuverlässige, indexierte Schaltung, weshalb Shimano „S.I.S.“-Hüllen [Anm. d. Übers.: S.I.S. – Shimano Index System] eingeführt hat, die mittlerweile von vielen anderen Herstellern kopiert werden. Diese Art von Zughüllen besteht nicht aus einem einzelnen, spiralförmig gewundenen Draht, sondern aus einem Bündel einzelner Drähte, die parallel zur Zughülle verlaufen. Sie werden dadurch fixiert, dass sie zwischen der inneren und der äusseren Kunststoffhülle eingeschlossen sind.
„Kompressionslose“ Zughüllen ändern ihre Länge beim Verbiegen nur unwesentlich, so dass die indexierten Schalthebel in der Lage sind, die richtige Einstellung an das Schaltwerk weiterzugeben, selbst wenn der Lenker gedreht wird und die Zughüllen durch die Erschütterungen während der Fahrt auf- und abspringen.
Warnung: Da kompressionslose Hüllen nur durch Kunststoff zusammengehalten werden, sind sie nicht so stark, wie herkömmliche Spiralhüllen und sollten niemals für Bremsen verwendet werden! Die Kräfte, die die Kabel beim Bremsen ausüben, können kompressionslose Hüllen zum Bersten bringen, was zu einem vollständigen und sofortigen Verlust der Bremsfunktion führt.
Kürzen von Zügen und Vorbereiten der Enden
Eine sehr häufige Ursache für übermässige Reibung oder „Schwammigkeit“ sind unzureichende Schnitte oder Fehler beim Vorbereiten der Enden.
Spiralhüllen
Herkömmliche Spiralhüllen können mit einem guten Seitenschneider oder einem speziellen Schneidewerkzeug für Fahrrad-Zughüllen abgeschnitten werden. Wenn man die Zughülle abschneidet, ist der Schnitt manchmal sauber und manchmal wird die letzte Schleife der Spirale zusammengedrückt und blockiert teilweise die innere Führung des Kabels. In diesem Fall kann man normalerweise einen zweiten Schnitt ansetzen und die verbogene Spirale abtrennen.
Selbst wenn der Schnitt sauber ist, ist das Ende aufgrund des Winkels der Spirale nicht gerade und rechtwinklig. Sorgfältige Mechaniker werden die Enden abschleifen, so dass sie flach und gleichmässig sind. Das beste Werkzeug dafür ist ein Schleifstein, aber man kann das auch mit einer Feile machen, wenn kein Schleifstein zur Verfügung steht.
Wenn die Hülle abgeschnitten wird, werden die Enden der inneren Kunstoffhülle ebenfalls abgetrennt und dabei oft zusammengedrückt. Man kann einen Körner oder eine scharfe Ahle verwenden, um sie wieder zu öffnen und abzurunden. Wenn Sie das Ende mit einem Schleifstein bearbeiten, halten Sie den Körner griffbereit, damit sie die Kunstofführung direkt nach dem Schleifen bearbeiten können. Die Hitze, die durch das Schleifen entsteht, schmilzt die Kunstofführung leicht an. Durch das Einführen des Körners in die Hülle, bevor der Kunststoff abkühlt, wird die Hülle nicht nur abgerundet, sondern zusätzlich werden die Enden ein wenig flachgedrückt, was einen weicheren Übergang schafft.
links: unbearbeites Ende, rechts: fertiges Ende
Kompressionslose Hüllen
Es ist sehr schwierig, kompressionslose Hüllen ohne die richtigen Werkzeuge zu schneiden. Es gibt spezielle Schneidewerkzeuge für diesen Zweck mit eingekerbten Klingen, die die Hülle umschliessen, damit diese beim Schneiden nicht zu stark gequetscht wird.
Einige Leute, die über dieses Werkzeug nicht verfügen, verwenden Minibohrmaschinen („Dremel“) mit einer dünnen Trennscheibe zu diesem Zweck.
Bei kompressionslosen Hüllen ist es nicht erforderlich, die Enden nach dem Schnitt abzuschleifen, da sie beim Schneiden mit dem richtigen Werkzeug flach sind. Allerdings ist es auch hier notwendig, die innere Kunststofführung mit einem Körner oder einer Ahle aufzuweiten.
Das letzte Stück, hinten am Schaltwerk, ist kurz und muss eine Biegung von nahezu 180 Grad ausführen. Normalerweise werden dafür kompressionslose Hüllen eingesetzt. Ich biege das Hüllenstück in die gewünschte Form, bevor ich es kürze.
Wenn man eine gerade Hülle schneidet, werden alle, der Länge nach verlaufenden Drähte, auf die gleiche Länge gekürzt. Wird die Hülle danach gebogen, bekommt das Ende eine abgeschrägte Oberfläche, da die Drähte, die auf der Aussenseite der Biegung verlaufen, einen längeren Weg um die Biegung benötigen. Ich glaube, dass man durch das Schneiden nach dem Zurechtbiegen der Hülle ein glattere, zuverlässigere Verbindung am Ende der Zughülle erhält.
Endkappen
Endkappen sind kleine Metallkappen, normalerweise vernickteltes Messing, die auf die Enden einer Zughülle gesteckt werden. Sie sorgen für eine richtige Ausrichtung der Hülle in den Anschlägen. Wenn immer möglich, sollte man diese Kappen an jedem Ende der Hülle einsetzen. Einige Anschläge sind zu klein, um eine Zughülle mit Endkappe darin einzusetzen. In diesem Fall ist der Anschlag eng genug, um die Funktion der Endkappe zu übernehmen.
Endkappen sind besonders für kompressionslose Hüllen wichtig. Selbst damit können einzelne Drähte manchmal aus der Endkappe oder den Anschlägen direkt neben dem inneren Zug herausstehen. Sie müssen möglicherweise genau hinsehen, um die Drähte zu bemerken. Sie verursachen verschlechterte, fehlerhafte Schaltvorgänge. Allgemein sind vorgeschnittene kompressionslose Hüllen mit einer exakt passenden Endkappe immun für dieses Problem. Kompressionslose Hüllen mit geringem Durchmesser (4 mm) passen allgemein in Zuganschläge ohne die Endkappe zu entfernen.
Behandlung der Kabelenden
Das innere Kabel besteht aus einzelnen Drähten, die miteinander verflochten oder verdrillt sind. Sie können sich am Ende auftrennen, wenn es nicht gesichert wird.
Die übliche Behandlung ist es, die Drähte am Ende des Kabels zusammen zu löten. Gewöhnliches Elektronik-Lötzinn mit einem Flußmittelkern führt zum gewünschten Ergebnis. Diese Behandlung ermöglicht es, das Kabel aus der Klemmung und der Hülle zu entfernen und es erneut einzuführen oder zu schmieren.
Lötzinn haftet nur an Kabeln mit verzinnten (galvanisierten) Drähten, nicht an rostfreien Edelstahl-Kabeln – die man üblicherweise an ihrem glänzenderen Aussehen erkennt. Einige Kabel werden mit verschweißten Enden verkauft, aber das funktioniert nur, wenn Sie die Kabel nicht kürzen. Die üblichere Behandlung sind kleine Kappen, die mit einer Zange auf die Kabelenden gedrückt werden können. Diese Kappen verhindern, das Sie sich an den Kabelenden verletzen oder dass das Kabelende sich auftrennt, aber sie müssen jedesmal entfernt und neu aufgesetzt werden, wenn man ein Kabel entfernt oder neu montiert.
Es ist gut, ein Kabel einige Zentimeter zu lang zu lassen, so dass man es kürzen kann, falls es begonnen hat, sich aufzutrennen. Eine leichte Auftrennung kann oft dadurch rückgängig gemacht werden, dass man die Drähte wieder übereinander legt, beginnend von der Mitte bis zum Ende des Kabels.
Zugführung
Die vier Gebote der Zugführung
– I. –
Der Lenker muss in beide Richtungen so weit wie möglich gedreht werden können, ohne durch einen straffen Zug daran gehindert zu werden. Die Bewegungsfreiheit darf nur durch das Anstossen des Lenkers am Oberrohr oder durch die Bremsarme oder Reflektoren/Scheinwerfer am Unterrohr begrenzt werden.
– II. –
Keine Biegungen in die falsche Richtung. Beispiel: Wenn der Bremszug vom Oberrohr in Richtung der Hinterradbremse geführt wird, sollte er in einem weichen Übergang parallel vom Oberrohr zum Sattelrohr verlaufen. Wenn der Zug erst vom Oberrohr nach oben gebogen wird, bevor er am Sattelrohr nach unten geführt wird, ist er möglicherweise zu lang. Wenn die Biegung an der Bremse so gross ist, dass er nicht gerade zur Bremse verläuft, sondern dafür erst ein Stück zurückgebogen werden muss, ist er mit Sicherheit zu lang.
– III. –
Biegungen, die nicht vermeidbar sind, sollten so weit (in Grenzen) wie möglich sein.
– IV. –
Die Zughüllen sollten so kurz wie möglich sein, ohne eine der obigen Regeln zu verletzen.
Verlegung von Bremszügen
Rennlenker
Traditionelle Bremshebel (mit offenen Zughüllen.)
Der traditionelle Weg zur Verlegung von offenen Zughüllen ist die Führung in einem Bogen nach oben und zurück über die Rückseite des Lenkers. Dies bietet in den meisten Fällen glatte Bögen.
Im Fall von Fahrrädern mit Fahrradcomputern oder Schalthebeln am Vorbau wird eine Verlegung der Zughüllen unter dem Lenker bevorzugt, damit sie die Zugang zum Fahrradcomputer oder den Schalthebeln nicht einschränken.
Die Verlegung unter dem Lenker ist auch angebracht bei Fahrrädern mit ungewöhnlich kurzen Vorbauten, damit die Zughüllen keine scharfen Biegung am Oberrohr machen müssen.
Vermischen Sie die Systeme nicht: entweder beide Zughüllen über oder unter dem Lenker. Dies dient hauptsächlich der Ästethik, nicht der Mechanik.
„Æro“-Bremshebel (die Bremszüge verlaufen unter dem Lenkerband.)
Die übliche Montage besteht darin, die Bremszüge auf der Innenseite des oberen Teils am Lenker zu verlegen, und durch das Lenkerband zu sichern. Es ist wichtig, dass die Zughüllen durch das Lenkerband fest an den Lenker gebunden werden, da sonst die Bremsen schwammig werden können.
Um einen engen Kontakt zwischen der Zughülle und dem Anschlag im Bremshebel sicherzustellen, sollten die Bremszüge vollständig verbunden und unter Spannung gesetzt werden, bevor die Zughülle mit dem Lenkerband gesichert wird. Ein guter Weg dafür ist es, die Bremshebel stark zu betätigen, während man die Zughülle am Lenker mit Isolierband oder einem anderen Klebeband fixiert. Wenn man so vorgeht, tut man sich hinterher leichter, das normale Lenkerband anzubringen oder es bei Bedarf auszuwechseln.
Der Zug für die Hinterradbremse kann auf jeder Seite des Oberrohrs verlegt werden. Wenn der Lenker soweit wie möglich in eine Richtung gedreht wird, spannt er dabei die Zughülle, in der anderen Richtung wird die Zughülle lockerer. Bei Fahrrädern mit Seitenzugbremsen begrenzt die Bremse die Bewegungsfreiheit des Lenkers, da sie an das Unterrohr anstösst.
Der Zug für die Hinterradbremse sollte auf der gegenüberliegenden Seite des vorderen Bremszugs am Vorbau vorbeigeführt werden…auf diese Weise wird zu viel überschüssige Zuglänge vermieden, da der Lenker nicht weit so in die Richtung gedreht werden kann, die den Bremszug spannt.
Normale Lenker
Normalerweise werden beide Bremszüge unter dem Lenker vorbei geführt.
Falls der Vorbau über eine Bohrung zur Aufnahme der Zughülle verfügt, muss die Zughülle über den Lenker geführt werden.
Der Zug für die Hinterradbremse sollte um den Vorbau herumgeführt werden, sofern sich nicht auf der Seite des Bremshebels ein Anschlag für die Aufnahme des Zugs am Oberrohr befindet.
Diese Zughülle ist zu lang:
Diese Zughülle ist richtig:
Diese Zughülle ist zu kurz:
Vorderradbremse rechts oder links?
Das übliche System ist es, die Hinterradbremse mit dem Hebel auf der Seite zu betätigen, auf der man sich auch im Strassenverkehr bewegt, d.h. in den meisten Teilen der Welt rechts; links auf den Britischen Inseln, Japan und anderen Orten, wo Linksverkehr herrscht.
Niemand weiss genau, warum das so ist. Meine Theorie ist, dass es auf der verständlichen Idee basiert, dass man in der Lage sein sollte, die Hauptbremse zu betätigen, während man ein Zeichen zum Abbiegen mit der anderen Hand signalisiert – verbunden mit der falschen Annahme, dass die Hinterradbremse die Hauptbremse ist.
Ich bevorzuge es, bei meinen eigenen Fahrrädern die Vorderradbremse mit dem rechten Bremshebel zu steuern. Dies erlaubt es mir, Handzeichen zu geben und gleichzeitig zu bremsen, und darüber hinaus meine stärkere, geschicktere Hand für die kritischere Vorderradbremse zu nutzen. (Ich verwende meine Hinterradbremse nur selten.)
Da dies aber entgegengesetzt des vorherrschenden, nationalen Standards ist, würde ich ein Fahrrad niemals ohne besonderen Wunsch in dieser Weise für einen Kunden montieren. Es gibt von mir einen Artikel über Bremsen und Abbiegen, der diese Punkte detaillierter behandelt.
Verlegung von Schaltzügen
Über oder unter dem Tretlager?
Über
Bis in die Mitter der 1980er war der übliche Weg zur Verlegung der Schaltzüge über dem Tretlager, entweder mit kurzen Stücken von Zughüllen oder, häufiger, mit einfachen Führungen, die auf das Lagergehäuse gelötet wurden oder am Rahmen befestigt waren. Von der Führung aus verlief das Schaltkabel entlang der Kettenstrebe bis zum hinteren Anschlag, wo es in einem weiteren Zughüllen-Stück bis zum Schaltwerk geführt wurde.
Dies funktionierte gut, bis Mountain Bikes auftauchten und kleine Kettenblätter zur normalen Ausstattung machten. Das Problem war, dass der erweiterte Bereich für den vorderen Umwerfer mit dem Zug für das hinten liegende Schaltwerk nicht vereinbar war.
Unter
Eine beliebte Lösung dieses Problems war die Verlegung des Schaltzugs unter dem Tretlager und die Verlegung des Anschlags auf die Unterseite der Kettenstrebe. Dies hatte auch den Vorteil einer billigeren Zugführung am Tretlager – ein einfaches Plastikstück, das an der Unterseite des Lagergehäuses befestigt wurde. Die meisten Mehrgangfahrräder werden mittlerweile in dieser Weise aufgebaut.
Unglücklicherweise neigt diese Art der Zugführung zu einer Verschlechterung der Schaltung. Die Verlegung des Anschlags auf die Unterseite der Kettenstrebe verursacht eine engere Kurve für die Zughülle zum Schaltwerk. Darüber hinaus gelangt über das Ende leichter Sand und Schlamm, der vom Vorderrad nach hinten spritzt, in die Zughülle. Die Führung des Schaltzugs am Tretlager, egal ob über oder unter dem Lager, ist ebenfalls Verschmutzungen durch das Vorderrad ausgesetzt… ein spezielles Problem für Geländefahrer.
Verlegung am Oberrohr
Bei der dritten Option, zunehmend beliebt bei Mountain Bikes, wird das Tretlager komplett ausgelassen und beide Schaltzüge am Oberrohr verlegt.
Der hintere Schaltzug wird am Sattelrohr vorbeiführt und der vordere am Sattelrohr nach unten. Als diese Variante in den frühen ’90ern erstmals angewendet wurde, waren die Umwerfer ein Problem, da die existierenden Modelle dafür gebaut wurden, durch ein, von unten ziehendes Kabel betätigt zu werden. Die ersten Lösungen verwendeten angelötete Umlenkrollen auf der Rückseite des Sattelrohrs, eine, meiner Meinung nach ziemlich halbherzige Lösung. Das Problem wurde durch die Verfügbarkeit von „Top-Pull“-Umwerfern gelöst [Anm. d. Übers.: nicht zu verwechseln mit „Top-Swing“ und „Down-Swing“, was die Bewegung des Umwerfers beschreibt und nicht die Führung des Schaltzugs].
Unbeabsichtigtes Schalten
Schaltzüge, die direkt über oder unter dem Tretlager verlaufen, tragen manchmal zu unbeabsichtigtem Schalten, spontane Wechsel zu höheren Gängen durch das Schaltwerk unter grosser Last bei. Dieses Thema wird in einem eigenen Artikel behandelt.
„Kreuzweise“ Züge
[Anm. des Übers.: im Original ist in diesem Abschnitt von „top tube“, also „Oberrohr“ die Rede – aber gemeint war wohl „head tube“, also „Steuerrohr“]
Bei den meisten Fahrrädern mit Schalthebeln am Lenker verläuft der Schaltzug für hinten auf der rechten Seite, der Schaltzug für vorne auf der linken Seite. Dies bewirkt eine ungünstige Verlängerung der Züge von den Schalthebeln zu den Anschlägen am Rahmen. Damit die Zughüllen lang genug sind, um genügend Bewegungsfreiheit beim Lenker zu erhalten, ist eine zusätzliche Biegung erforderlich – beispielsweise läuft der Zug für das Schaltwerk vom Schalthebel auf der rechten Seite nach vorne und über die Mittellinie des Fahrrads und dann zurück über die rechte Seite des Steuerrohrs, bevor er nach unten geführt wird. Diese zusätzlichen Biegungen erhöhen die Reibung und der starke Kontakt zwischen der Hülle und der Seite des Steuerrohrs kann die Lackierung beschädigen.
Eine elegante Lösung dieses Problems ist es, die Züge „kreuzweise“ zu verlegen: Das Kabel für das Schaltwerk wird vom Schalthebel (auf der rechten Seite) um das Steuerrohr herum und zum Anschlag auf der linken Seite des Unterrohrs geführt.
Die blanken Kabel werden dann unter der Mitte des Unterrohrs gekreuzt und formen ein „X“. Die Kabel können sich an der Kreuzungsstelle berühren, aber nur sehr leicht, da sie beide gerade sind… das kleine bisschen an Reibung an dieser Kreuzung wird durch die Verminderung der Reibung durch die glattere Führung der Zughüllen mehr als ausgeglichen.
Diese Technik funktioniert nicht mit Zügen, die über dem Tretlager verlegt werden, ist aber bei den meisten neueren Fahrrädern möglich, die über Anschläge für die Züge auf der Unterseite des Unterrohrs verfügen.
Es gibt auch einen sehr ausführlichen Artikel über die Einstellung des Schaltwerks.
Der SRAM Bassworm und Nightcrawler
SRAM, der Hersteller von Grip Shift Drehschaltgriffen, bietet spezielle Zubehörteile für die schwierige Schaltzugverlegung am hinteren Teil des Fahrrads an.
Der „Bassworm“ wird direkt auf dem Anfang der hinteren Zughülle eingesetzt, die zum Schaltwerk führt. Dieses clevere Teil erfüllt zwei Funktionen:
- Es versiegelt die Vorderseite der Zughülle und verhindert das Eindringen von Verschmutzungen.
- Es bietet ausserdem eine vollständig justierbare „Hilfsfeder“ um die Rückholfeder des Schaltwerks in Situationen zu unterstützen, wo die Reibung für zuverlässiges Hochschalten nicht ausreichend reduziert werden kann.
Der „Nightcrawler“ ist eine etwas einfachere Variation davon, die nur eine Versiegelung der Zughülle ohne die zusätzliche Federwirkung bietet.
Schmierung
Schmierung der Zughüllen
In den vergangenen Tagen, bevor die Zughüllen mit einer Kunststofführung im Inneren ausgestattet werden, war es notwendig, das innere Kabel mit leichtem Fett oder schwerem Öl zu schmieren.
Bei modernen, mit Kunststoff ausgekleidete Zughüllen, ist die Verwendung von Fett unangebracht, da die Viskosität des Fettes eine träge Bewegung des Kabels bewirkt. Dies ist besonders bei modernen Brems- und Schaltsystemen kritisch, die schwächere Rückholfedern nutzen und gilt generell für indexierte Schaltungen.
Viele Hersteller raten mittlerweile von der Schmierung der Züge ab. Bei versiegelten Systemen, wie Gore-Tex ® sollte es natürlich vermieden werden. Fahrräder, die häufig Feuchtigkeit ausgesetzt sind, profitieren dagegen oft von etwas Öl, das eher als Rostschutz und weniger als Schmierung eingesezt wird. Der Bereich, der besondere Aufmerksamkeit benötigt, ist das kurze Hüllenstück von der Kettenstrebe zum Schaltwerk.
Einige Fahrräder haben eine sehr ungünstige Zugführung, die dazu führt, dass die Zughüllen an den Anschlägen in einem starken Winkel eintreten. Dies ist besonders bei Cantilever-Bremsen oft der Fall. Es ist dann oft hilfreich, das Stück des Kabels, das durch eine solche enge Biegung verläuft, etwas zu fetten.
Schmierung der übrigen Teile
Viele der Teile, die mit der Verlegung von Zügen zusammenhängen, benötigen eine Schmierung bei der Montage.
Justierschrauben benötigen eine Schmierung auf den Gewinden, wenn Sie benutzbar bleiben sollen.
Die Gewinde von Bremszugbefestigungen sollten ebenfalls geschmiert werden, um zu vermeiden, dass diese beim Anziehen der Schrauben oder Muttern beschädigt werden.
Die Befestigungen für Bremszüge sind die wichtigsten Befestigungen an einem Fahrrad. Sie sind klein und viele haben gebohrte Löcher, so dass es relativ leicht passiert, sie zu beschädigen…
Wenn Sie diese nicht fest genug anziehen, scheint die Bremse bei normaler Verwendung richtig zu funktionieren. Dann, eines Tages schneidet Ihnen ein Bus den Weg ab und Sie betätigen die Bremsen besonders fest, um eine Notbremsung auszuführen… genau dann, wenn Sie die maximale Bremskraft benötigen, rutscht der Bremszug ab und die Bremse fällt ohne Vorwarnung komplett aus.
Ermüdung der Züge
Zughüllen können verbogen werden, Kabel und Hüllen können rosten. Diese Probleme sind offensichtlich und verlangen den Austausch der Teile. Wie gerade erwähnt, können Züge abrutschen, wenn sie nicht sicher verankert sind.
Kabel verschleißen allgemein nicht, aber sie können aufgrund von Ermüdung ausfallen, wenn sie wiederholt vor- und zurückgebogen werden – üblicherweise an einem Ende oder wo sie über eine Rolle laufen.
Die Schaltketten von Sturmey-Archer-Getriebenaben [Anm. des Übers.: aber auch bei Fichtel & Sachs] haben das Problem der Ermüdung seit über einem Jahrhundert gelöst – statt dessen fallen Sturmey-Archer-Kabel üblicherweise da aus, wo sie über die Rolle zum Schalthebel laufen.
Eine kompakte, leichte Kette ist nicht stark genug, um die Zugkräften einer Bremse zu widerstehen, weshalb statt dessen ein Gelenk am Ende des Zuges benötigt wird. Das Kabelende innerhalb eines Rennbremshebels kann sich frei drehen, so dass das Kabel sich in der Zugrichtung ausrichten kann. Bei Hebeln für konventionelle Lenker verlässt man sich auf den zylindrischen Nippel am Kabelende. In jedem Fall ist Schmierung wichtig.
Bei vielen Bremsen und Schaltwerken oder Umwerfern wird der Zug mit einer Klemmung befestigt, die keine Ausrichtung des Kabels selbst erlaubt. Dieses Problem ist bei Umwerfern am größten. Biegungen treten auch dort auf, wo ein Querzug über die Aufhängung einer Cantilever- oder Mittelzugbremse verläuft.
Eine Rolle, die groß genug wäre, um Ermüdungserscheinungen des Kabels zu verhindern, müsste mindestens einige Zentimeter im Durchmesser sein – unmöglich für Schalthebel. Bei Lenkerendschalthebeln und Schalthebeln am Unterrohr ist es einfach, die Drähte aufgetrennter Kabel zu sehen und zu spüren (autsch!) – bei anderen Schalthebeln ist die Rolle verborgen. Ein aufgetrenntes Kabel am Schalthebel verursacht oft schlechte Schaltvorgänge, weil die einzelnen Drähte sich am Zuganschlag verfangen. Das Problem zeigt sich von selbst, wenn das Kabel bricht. Nehmen Sie Ersatzkabel mit!
Im Notfall kann man zwei Kabel mit einem Doppelknoten verbinden. Biegen Sie jedes Teil einige Zentimeter vom Ende entfernt in eine enge „U“-Form, dann legen Sie sie zusammen, um den Knoten zu formen und ziehen Sie kräftig am Kabel um den Knoten zu festzuziehen. Hochflexibles, geflochtenes Kabel muß möglicherweise zu einem „Z“ geformt werden, damit es mehrfach verknotet werden kann, um zu halten.
Der Ausfall eines Schaltzugs führt normalerweise nicht zu einem Unfall, sehr wohl aber der Ausfall eines Bremszuges. Das ist der Grund, weshalb jedes Fahrrad, mit Ausnahme von Bahnrädern, zwei unabhängige Bremssysteme hat. (Der Antrieb eines „Fixed Gear“-Fahrrads wird als ein Bremssystem angesehen, wenn der Fahrer geschickt genug ist, ihn zum bremsen einzusetzen).
(David Gordon Wilson hat einen Artikel zum Thema der Kabelermüdung verfasst.)
Nehmen Sie den Aufwand in Kauf, es richtig zu machen
Auf die Gefahr hin, mich selbst zu wiederholen, möchte ich noch einmal betonen, allen Aspekten der Verlegung von Zügen besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Sorgfalt bei der Verlegung der Züge ist wichtiger als die neuesten Titan-Teile zu bestitzen!