Ab dem 14. Januar 2020 erhält Windows 7 keine Sicherheitsupdates mehr (siehe dazu auch die entsprechende Information dazu bei Microsoft). Das ist Grund genug, mein immer noch regelmäßig genutztes Lenovo Thinkpad X220 endlich auf Linux umzustellen.
Konkret habe ich mich für Ubuntu Linux 18.04 LTS entschieden. Dazu sind noch folgende Anpassungen gekommen:
MATE Desktop
Der MATE Desktop ist ein Fork von Gnome 2. Siehe dazu auch https://mate-desktop.org.
Es gibt mit „Ubuntu MATE“ auch eine Version von Ubuntu, die generell MATE als Desktop nutzt – allerdings glänzte diese Distribution bei mir damit, dass direkt nach dem ersten Neustart und der Installation aller aktuellen Updates das System massiv verlangsamt war und faktisch unbenutzbar wurde. Eine kurze Recherche dazu hat leider keine wirklich zielführenden Hinweise ergeben, außer ggf. den Lüfter oder ausgetrocknete Wärmeleitpaste auszutauschen (siehe dazu auch das technische Handbuch zum X220 von Lenovo). Da das Notebook mit Windows 7 aber noch problemlos funktioniert hatte, habe ich es nochmal mit der regulären Version von Ubuntu 18.04 LTS ohne Mate probiert habe – und diese lief auch nach der Installation aller aktuellen Update immer noch problemlos.
Die Umstellung auf Mate ist auch da recht einfach:
sudo apt install mate-desktop-environment
Im Zuge der Installation wird nachgefragt, welchen Display-Manager man verwenden möchte. Zur Auswahl stehen gdm und lightdm. Hier kann man lightdm auswählen, da dieser deutlich weniger Ressourcen beansprucht als gdm.
Nach einem Neustart und erneuter Anmeldung landet man nun in Mate.
Korrekte Funktion des Touchpad
Das Touchpad hat zwar grundsätzlich funktioniert, allerdings ist die Maus nicht flüssig bewegt worden, sondern nur in sehr groben Sprüngen. Die Abhilfe dazu habe ich in https://forum.thinkpads.com/viewtopic.php?f=43&t=126674 gefunden:
Zunächst legt man legt eine Datei /etc/udev/hwdb.d/90-libinput-x220-fw8.1.hwdb
an.
In diese Datei werden dann folgende zwei Zeilen aus der Datei 90-libinput-model-quirks.hwdb
kopiert (den exakten Inhalt bitte aus der Datei übernehmen, da dieser abweichen kann!):
libinput:name:SynPS/2 Synaptics TouchPad:dmi:*svnLENOVO:*:pvrThinkPadX220* LIBINPUT_MODEL_LENOVO_X220_TOUCHPAD_FW81=1
Danach mit folgendem Kommando die Hardware-Datenbank aktualisieren:
sudo udevadm hwdb --update
Nach einem Neustart des Systems sollte das Touchpad korrekt funktionieren.
Unterstützung für die Mikrofon-Taste
Oberhalb der Tastatur befinden Tasten für Lautstärke und Mikrofon. Die Mikrofon-Taste wird allerdings nicht automatisch unterstützt. Eine Abhilfe ist es, das entsprechende ACPI-Event beim Betätigen der Taste mit einem Kommando zu belegen, mit dem das Mikrofon aus- oder eingeschaltet wird.
Einen Hinweis dazu habe ich auf https://askubuntu.com/questions/125367/enabling-mic-mute-button-and-light-on-lenovo-thinkpads gefunden.
Mit dem Kommando acpi_listen
in einem Terminal kann man sich die ACPI-Events anzeigen lassen, wenn man eine der Funktionstasten betätigt. Über amixer scontrols
findet man heraus, welche Mixer-Einstellungen verfügbar sind.
Anhand dieser Informationen habe ich die Datei /etc/acpi/events/lenovo-mutemic
angelegt und dort folgende Zeilen eingetragen:
event=button/f20 F20 00000080 00000000 K action=/usr/bin/amixer sset 'Capture',0 toggle
Danach habe ich mit den ACPI-Daemon mit folgendem Kommando neu gestartet:
sudo service acpid restart
Nun funktioniert die Taste und auch die LED darin.
Nextcloud-Client
Für die Installation des Nextcloud-Client gibt es auch ein PPA, womit auch Updates deutlich einfacher sind. Siehe dazu https://launchpad.net/~nextcloud-devs/+archive/ubuntu/client.
Die Installation ist damit auch nicht sehr schwer:
sudo add-apt-repository ppa:nextcloud-devs/client sudo apt update sudo apt install nextcloud-client
Der Client steht dann im MATE-Applikationsmenü zur Verfügung und kann den Einstellungen auch so konfiguriert werden, dass er automatisch startet. Wenn er aktiv ist, wird auch in der Statusleiste des Desktops ein entsprechendes Icon angezeigt.
OnlyOffice Desktop-Editoren
OnlyOffice ist eine interessante Alternative zu LibreOffice, da hier eine höhere Kompatibilität mit komplexeren Formatierungen aus Microsoft Office besteht und mittlerweile auch eine direkte Integration von Nextcloud existiert, mit der auch die gleichzeitige Bearbeitung von Dokumenten durch mehrere Personen möglich ist.
Auch für OnlyOffice gibt es ein offizielles Repository, siehe dazu auch https://helpcenter.onlyoffice.com/de/desktop/documents/linux/installation-ubuntu.aspx. Die Schritte zur Installation sind dann wie folgt:
Zunächst mit folgendem Kommando den nötigen GPG-Schlüssel ergänzen:
sudo apt-key adv --keyserver hkp://keyserver.ubuntu.com:80 --recv-keys CB2DE8E5
Danach in der Datei /etc/apt/sources.list
folgende Zeile ergänzen:
deb https://download.onlyoffice.com/repo/debian squeeze main
Mit folgenden Kommandos kann man dann OnlyOffice installieren:
sudo apt update sudo apt install onlyoffice-desktopeditors
Nach diesem Schritt steht OnlyOffice ebenfalls im MATE-Applikationsmenü zur Verfügung.
Beim ersten Start wurde OnlyOffice mit voller Bildschirmgröße geöffnet und hat die Status- und Menüleiste des Desktops verdeckt. Das konnte dadurch gelöst werden, dass man einmal rechts oben in OnlyOffice auf das „Maximieren“-Icon klickt und dann OnlyOffice beendet. Ab dem nächsten Start wurde es dann korrekt dargestellt.
Fazit
Auch wenn die Einrichtung ein paar manuelle Schritte erfordert hat, war der Ablauf insgesamt unproblematisch und im Ergebnis funktioniert Ubuntu Linux auf dem X220 sehr flüssig und gut. Auch Bluetooth, WLAN und die interne UMTS-Karte sind direkt nutzbar, wobei ich letzteres mittlerweile nicht mehr brauche, da UMTS in Deutschland im Zuge der Einführung von 5G auch abgeschaltet wird und ich auch mein Smartphone mit WLAN-Tethering nutzen kann, wenn nötig.
Caja Dateimanager und Nextcloud Client
OnlyOffice
So eingerichtet, wird das X220 sicher noch einige Jahre gute Dienste leisten. Der mittlerweile altersschwache Akku (Baujahr 2012) hält allerdings nur noch etwa 2 Stunden und wird demnächst durch einen neuen Akku ersetzt, den man auch heute noch problemlos bekommen kann.